Vor drei Jahren kehrten wir als vierköpfige Familie nach Göttingen (Niedersachsen) zurück. Als vierköpfige Familie ist man eigentlich auf ein Auto angewiesen. Die Frage war aber: Muss man dieses besitzen? Nach mehreren Monaten Preis- und Leistungsvergleich kam ich zu dem Ergebnis: Ja, es müsste auch ohne eigenes Fahrzeug gehen.
Wir sind jetzt bei zwei der vier Car-Sharing-Angebote in Göttingen angemeldet. Yourcar ist überregional tätig und bietet mit den Flex-Autos eine sehr flexible Lösung. Das Stadt-Teil-Auto entstammt einem Verein aus dem Jahr 1992, ist sehr persönlich und sozial engagiert. Es ist wesentlich billiger als Yourcar, hat aber nur Stationswagen. Mit dieser Kombination fahren wir extrem gut.
Zudem ist Göttingen eine Fahrradstadt. Hier kam als erste Stadt überhaupt ein Fahrrad-Bürgerentscheid durch. Zwar verzögert sich die Umsetzung immens, aber eines ist klar: Die Göttinger wollen das Fahrrad. Das Netz ist gut ausgebaut, auch wenn es noch Verbesserungsmöglichkeiten gibt.
Kann das jeder so machen?
Leider nein!
Zum einen ist die Kombination aus den beiden Carsharing-Angeboten für uns die Lösung. Wir nutzen yourCar zwar nur sehr eingeschränkt (unsere Monatsrechnung liegt unter 20 Euro), aber wenn wir es brauchen, ist es häufig auch wirklich nötig. Wir wohnen relativ zentral und damit in der grünen Zone, in der wir ein Flex-Auto überall abstellen dürfen. Ein Kilometer weiter draußen wäre die Sachlage eine völlig andere. Das gilt auch für das Fahrrad.
Zum anderen starb vor einem Jahr mein Vater und meine Mutter brauchte Hilfe. Regelmäßige Trips zu ihr sind jetzt nötig, ca. 90 Minuten Fahrt, 100 Kilometer. So habe ich offiziell ihr Auto übernommen, auch wenn es bei ihr stehen bleibt (Sie fährt allerdings nicht mehr). Daher kommt jetzt das Deutschland-Ticket dazu! Als Familie nutzen wir das Carsharing, aber wenn ich alleine fahre, ist das Deutschlandticket angesagt. Zwar ist die Bahn gerade extrem anstrengend, selbst auf dieser Entfernung ist kaum etwas pünktlich und häufig fallen Züge auch aus. Aber es ist immer noch die beste Variante. Ich kann im Zug gut arbeiten und mit dem Deutschlandticket kann ich auch den Bus nutzen, den ich in beiden Städten häufig brauche.
Grundsätzlich kann ich unsere Kombination sehr empfehlen. Besonders genieße ich es, mich nicht um ein Auto kümmern zu müssen, da ich davon keine Ahnung habe. Schon die Wartung von Fahrrädern kann mich überfordern. Das Deutschland-Ticket ist einfach klasse. Auch wenn die Preise jedes Jahr leicht steigen, wird es sich weiter lohnen. Besonders die Flexibilität ist genial.
Aber generell gilt: Wer auch nur ein wenig ländlicher wohnt, für den stellt sich die Situation gleich anders dar. Daher gebe ich keine Empfehlung für jeden. Das Fahrrad ist nicht immer eine Option, wenn die Wege zu weit sind. Für den Zug muss man auch erst einmal zum Bahnhof kommen und Carsharing gibt es entweder gar nicht oder nur ein oder zwei Autos, die schnell weg sind. In Rosdorf, einem Vorort von Göttingen, sucht eine Gruppe von Freunden gerade eine Alternative. Ein eigenes Car-Sharing aufzubauen ist wohl das Ziel, da die bisherigen Angebote nicht ausreichen und sich eine Erweiterung für die Anbieter anscheinend nicht lohnt.
Zusammenfassend: Super für uns, leider nicht immer passend für andere. Das es so gut klappt, liegt an der Fahrrad- und Studentenstadt Göttingen.
PS: Auf die Idee zu diesem Beitrag kam ich aufgrund der Blogparade #relevant. Coole Idee, werde ich häufiger machen.
PPS: Das Beitragsbild ist von pixabay.com und zeigt Fahrräder in der Innenstadt von Münster, auch eine Fahrradstadt in der ich studiert habe.


